Karneval und historische Altstadt in der Hauptstadt des Bundesstaats Bahia
Karneval in Salvador...
Schwer in Worte zu fassen. Es war auf jeden Fall ziemlich beeindruckend. Erwartungsgemäß war ein klein wenig mehr los als beim Schnurre in Neustadt, selbst am ersten Tag, von dem ich noch einige Fotos habe. Hier war eigentlich noch Aufbauphase, die Bierstände hatten sich allerdings schon gute Plätze gesichert. Die Dose Skol, das meistverkaufte Bier, gab es für umgerechnet 50 Cent für die 270-Milliliterdose. Verkauft wird aus einer mit Eis gefüllten Kühlbox heraus, bei Sondernwünschen wie "kein Puro Malte, das Normale" muss u.U. länger gewühlt werden. Mit im Bild meine Unterstützung aus der Heimat, ehemalige bzw. aktive Fußballer aus Kaltental, dem geilsten Club der Welt, den Shirts kann man absolut vertrauen. An den weniger geschäftigen Stellen haben sich die Leute ihre Plätze für die nächsten Tage mit Zelten gesichert.
An diesem Abend sind wir in einen Club mit Terasse in Richtung Straße. So leer war es die nächsten Tage nirgends mehr. Insbesondere an den Zugängen mussten wir uns teilweise 15 Minuten lang durch Nadelöhre quälen. Ist man dann auf der Hauptstraße angekommen, muss man sich entscheiden. In Salvador dreht sich alles um die Trios Electricos, Lastwagen mit Band und riesiger Soundanlage. Die zahlenden Gäste (ich meine das Mitlaufen inklusive besonderem Outfit kostet ca. 70 €) befinden sich in einem mittels Seil abgesperrten Bereich vor und hinter dem Wagen. Das Seil wird von zahlreichen Securities gespannt und mitgezogen. Die kostengünstige Alternative ist, dem Wagen hinter dem Seil zu folgen, möchte man wirklich bei einem Fahrzeug bleiben. Das Ganze nennt sich Bloco. Das sieht dann ungefähr so aus wie im Bild unten. Jeder Wagen hat andere Musik und damit auch anderes Publikum. Die Einheimischen haben uns eine kurze Einführung gegeben, wer bei welchem Wagen so mitläuft. Sie konnten genau sagen "hier sind die hübschesten Frauen, hier wird am wildesten getanzt, hier ist eher weniger los". Wenn man den Bloco wechseln will, muss man dann gegen den Strom zurücklaufen und sich dann wieder an die Verfolgung machen. Die Alternative ist, sich an den Straßenrand zu stellen und von nicht ganz mittendrin das Geschehen zu verfolgen. So machen das auch die Leute in den Camarotes. Das sind Parties, bei denen Essen und Getränke inkludiert sind. Dafür werden spezielle Gebäude am Straßenrand aufgebaut, aus Holz und Alugerüst, sofern ich das richtig gesehen habe, und verkleidet mit riesigen Plastikplanen. Dort kann man entweder die Tanzflächen im Inneren nutzen oder hat einen wunderbaren Blick von den Emporen auf die Straße. Leider sind die Camarotes nicht ganz günstig, sie fangen bei knapp 200€ an, die besseren gehen eher auf die 800€ zu. Ob es das wert ist haben wir nicht überprüft, wir sind die ganzen Tage über auf der Straße geblieben.
Bemerkenswert fand ich das Vorgehen der Polizei. Trotz des Gedränges konnte sich diese recht gut in Gruppen durch die Menge bewegen, die Leute wichen aus und wiesen Umstehende darauf hin, aus dem Weg zu gehen. Nach der anfänglich unaufmerksamen Phase und zwei oder drei noch nicht schmerzhaften, aber doch recht deutlichen Stößen mit dem Schlagstock des vordersten Ordnungshüters haben auch wir unsere Lektion gelernt und uns verhalten wie die Einheimischen. Schlägereien gab es trotz des Alkoholkonsums kaum. Wenn fielen sie recht schnell auf, dabei wurden die Schlagstöcke mit deutlich mehr Nachdruck genutzt. Da wollte wirklich keiner in der Nähe sein...
Hier noch ein Gruppenfoto, danke nochmal an C für die Outfits. Angesprochen hat uns niemand, der Bierkönig ist offenbar in Brasilien nicht allzu bekannt. Mit Trägershirts hatten wir eher noch zu viel an, nicht wenige Männer sind unterwegs mit Tutu, Oberkörper frei und ziemlich viel Glitzer.
Das war es auch schon an Bildern, die meisten Tage hatte ich tatsächlich kein Handy dabei, da es im Gedränge doch ziemlich gefährlich für Wertgegenstände werden kann. Ein Bild habe ich jedoch noch von meinem unfreiwilligen Quartier. Leider gab es ziemliche Probleme mit den Unterkünften. Wir hatten am Anfang separat gebucht, bzw. ich es versucht. Nach der Buchung gab es bei zwei Hostels und zwei AirBnB's Preisupdates, da jeweils aufgrund eines Systemfehlers viel zu niedrige Preise angezeigt wurden. Ob das jetzt Steuerbetrug werden sollte oder einfach nur Touristen ausnehmen, kann ich nicht sagen. Die anderen hatten eigentlich noch ein Bett im Zimmer frei, dann aber kein Zimmer mehr. Dieses Hostel arbeitet überhaupt nicht mit Booking, wie sie felsenfest behauptet haben. Das gebuchte Zimmer war also anderweitig vergeben, man könnte vermuten zu einen für das Hostel besseren Preis. Am Ende war dann die halbe Woche vier Leute statt einer bei Marina untergebracht. Muito obrigado!
Aussicht war auf jeden Fall genial dort oben.
Im Anschluss hatte ich noch zwei Tage für ein wenig Erholung, was absolut notwendig erschien. Nur rumsitzen wollte ich aber doch auch nicht, also bin ich durch die historische Altstadt Pelourinho gegangen. Das vor einigen Jahren noch ziemlich heruntergekommene Areal wurde restauriert und für Touristen zugänglich gemacht, dank hoher Polizeipräsenz ist es laut Reiseführer und Hostelangestellten zumindest tagsüber in den belebten Bereichen einigermaßen sicher. Alles ist überaus farbenfroh gehalten. Auch das Haus, in dem Michael Jackson bei seinem Video zu "They don't care about us" auf dem Balkon stand. Für ein paar Euro kann man sich dort oben fotografieren lassen. Habe ich mir gespart ;-)
Gegönnt habe ich mir dagegen eine Fahrt mit einem Wahrzeichen der Stadt, dem Aufzug Lacerna, eingeweiht 1873. Er verbindet den höher gelegenen Stadtteil Pelourinho mit der Unterstadt. Die Aussicht ist sowohl von oben als auch von unten super. Im Mercado Modelo, ziemlich mittig im zweiten Bild, habe ich mir dann das erste Mal Acai gegönnt. Nachdem es mir von Brasilianern als gesundes Frühstück empfohlen wurde, war ich etwas überrascht, dass der größte Teil des Bechers nicht mit Obst oder wenigstens Granola gefüllt war, sondern vor allem mit Eis. Die Acaibeere ist generell gesund, allerdings wird hier wie bei eigentlich allem in Brasilien ein Haufen Zucker zugesetzt. Als Topping gibt es meistens noch Leite Condensado, Kondensmilch, die nochmal deutlich mehr gesüßt ist. Darauf habe ich dann zum Glück verzichtet. Gab noch den einen oder anderen Becher seither, aber nicht mehr als gesundes Frühstück, sondern als Eis mit Obst :-D